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TOP 7 - Belletristik deutschsprachig

In diesem Teil stelle meine persönlichen TOP7 Bücher aus dem Bereich Belletristik deutschspachig vor. Und ich begründe in wenigen Sätzen, warum es genau diese Bücher in diese Liste geschafft haben.

Erich Maria Remarque IM WESTEN NICHTS NEUES

Erschienen 1931

Der Erste Weltkrieg ist die Ur-Katastrophe der Menschheit. Und kein anderer Roman schildert derart die Entwicklung von der Kriegseuphorie 1914 bis hin zur Ernüchterung im Stellungskrieg. Tausende Soldaten verrecken jeden Tag in Gräben bei Ypern und Verdun und im Front-Bericht wird dieser Alltag quittiert mit "Im Westen Nichts Neues". Der Titel ist schlimmster Zynismus, die Handlung Mahnung, auch oder gerade weil sich die Ereignisse jetzt das 100. Mal jähren. Ein zeitloses Meisterwerk, das Pazifismus, Diplomatie und die Lehren der Vergangenheit einfordern kann. Die Ur-Katastrophe der Menschheit am Beispiel einer ganz konkreten Biographie. Remarque wurde von den Nazis besonders verächtlich behandelt - unter der Hand galten seine Bücher aber immer noch viel mehr als die anderer sogenannter "Volksfeinde". Denn er war selbst dabei gewesen - seine Berichte entsprachen dem, was tausende heimgekehrte Kriegskrüppel bestätigten. In den USA war Remarque bis in die 50er Jahre der mit Abstand angesehenste Autor. Auch wenn andere Romane von Remarque ebenfalls große Welterfolge wurde - "Im Westen Nichts Neues" überragt sie alle. Bis heute.

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Patrick Süskind DAS PARFUM

Erschienen 1985

Es ist das erfolgreichste Buch eines deutschsprachigen Autors nach dem Zweiten Weltkrieg. Patrick Süskind, Sohn eines angesehenen Germanisten, hatte zunächst "Der Kontrabass" veröffentlicht. Ein Ein-Mann Theaterstück - bis heute das meist aufgeführte Theaterstück auf deutschen Bühnen. Sein Romandebut wurde belächelt und zunächst mit einigem Wohlwollen besprochen. Dann aber wurde es zum Selbstläufer, der jahrelang auf den Bestsellerlisten stand. Jean Baptiste Grenouille, in die Gosse Mitte des 18. Jahrhunderts hineingeboren, hat ein besonderes Talent: er hat die sensibelste Nase, die je ein Mensch gehabt hat. Er kann die Nuancen von Parfums erriechen, ihre Zusammensetzung, aber er kann auch die Gerüche des Alltags exakt auseinanderhalten. Seine Schwäche für junge, schöne Frauen machen ihn zum Mörder. Denn er ist auf der Suche nach dem perfekten Parfum. Süskind kann unglaublich spannend und treffend erzählen. Auch die wenigen anderen Werke des Autors oder seine Drehbücher ("Kir Royal", "Monaco Franze") zeugen vom unglaublichen erzählerischen Talent. Mit dem Welterfolg "Das Parfum" hat er ausgesorgt - vielleicht geniesst Süskind das Leben lieber, anstatt noch mehr zu schreiben.

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Günter Grass IM KREBSGANG

Erschienen 2002

Das beste Buch des deutschen Großdichters Günter Grass ist in meinen Augen nicht die "Blechtrommel" oder "Der Butt". Es ist ein relativ überschaubares Buch, dass 2002 recht gut besprochen wurde. Grass setzt sich mit dem Thema Internet, ständig aufflammendem Neo-Faschismus und einem Kriegsverbrechen an den Deutschen (die hat es auch gegeben), nämlich der Versenkung des Flüchtlingsschiffe "Wilhelm Gustloff" auseinander. Einer, der als Säugling diesen Untergang überlebt hat, beschäftigt sich nicht mit dieser Tragödie, sondern muss sehen, wie sein eigener Enkel die deutsche Vergangenheit aufarbeitet. Dumm ist nur, dass diese das im Internet macht und zu den Rechtsradikalen gehört. Dieses Buch ist ein Plädoyer für eine wertfreie Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit, und steht einer armseligen Mystifizierung durch Idioten, die plötzlich die Deutungshoheit über die Historie bekommen und diese verklären, gegenüber. Es gibt wenige Bücher deutscher Autoren (vielleicht noch "Die Deutschstunde" von Siegfried Lenz oder "Der Vorleser" von Bernhard Schlink), denen dies so gut gelingt. Grass nähert sich historischen Wahrheit im Krebsgang - das vielleicht beste Buch von Grass.

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Heinrich Böll DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM

Erschienen 1974

Im Januar 1972 hatte Böll für den SPIEGEL einen Essay geschrieben, der wohl in der Geschichte des Nachrichtenmagazins einmalig war. "Will Ulrike Meinhof Gnade oder Freies Geleit" war der Titel. Es ging um die Baader-Meinhof Bande bzw. um den deutschen Boulevardjournalismus der BILD-Zeitung, den Böll wegen dummer Vorverurteilungen von Menschen massiv angreift. Spätestens seit den Recherchen von Günter Wallraff wissen wir, wie Recht er hatte. Die Folge waren Drohungen gegen Böll. Ein anderer Kölner, der ebenfalls Heinrich Böll hieß, mit dem Schriftsteller aber nicht gemeinsam hatte, brauchte Polizeischutz. Um zu illustrieren, wie sehr die Rufmord-Kampagnen einer Zeitung einen Menschen zerstören können, erfindet Böll die dokumentarische Geschichte der Katharina Blum, die einen One-Night-Stand mit einem ihr nicht bekannten Terroristen hat und so in das Fadenkreuz der Medien gerät. Nicht nur ihr Leben, das Leben einer völlig unpolitischen Person, ein Mauerblümchen, sondern auch das der Menschen in ihrem nächsten Umfeld wird beeinträchtigt oder gar zerstört. Am Ende verliert die Blum ihre Ehre und begeht einen Mord. Einen Mord, den man sich als Leser geradezu herbeisehnt. Eine minutiös zusammengetragene dokumentarische Geschichte, bei der wirklich jeder Handlungsstrang in den anderen greift und auch die kleinsten Puzzleteile ein tief verwobenes Gesamtbild ergeben. Eine mutige Geschichte, die sicher auch den Ausschlag für den Nobelpreis für Böll geliefert hat.

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Hermann Hesse DER STEPPENWOLF

Erschienen 1927

Vermutlich gibt es kaum ein Buch, bei dem sich so viele Menschen wieder erkennen. Das Traktat des Steppenwolfs beschreibt den Menschen, als einsam suchendes Individuum. Die Gedanken, die einen jeden von uns umtreiben, sind in diesem Klassiker gebündelt vereint. Aber nicht philosophisch hochtrabend oder schwer zugänglich - im Gegenteil. Von Hesse kann man alles einfach herunterlesen. Ich habe Hesse mal als besten Kompromiss zwischen Unterhaltung und Tiefgründigkeit bezeichnet. Neben "Homo Faber" von Max Frisch und "Stoner" von John Williams gibt es eben nur noch den Steppenwolf, der uns den allgemein gültigen existenziellen Fragen des einfachen Menschen näher bringt. Wer diese drei Bücher nicht kennt, der wird das Menschsein niemals wirklich begreifen...

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Friedrich Dürrenmatt DER RICHTER UND SEIN HENKER / DER VERDACHT

Erschienen 1950/51

Das sind die beiden Kriminalromane mit dem todkranken Kommissar Bärlach. Ich musste "Der Richter und sein Henker" in der Schule lesen und habe es gehasst. Dann habe ich den Roman noch mal gelesen, sehr viel später, die Verfilmung gesehen, die Fortsetzung mit den Titel "Der Verdacht" und schließlich viele andere Bücher von Dürrenmatt. Ein scharfsinniger Denker, der ganze Passagen weglässt und dem Leser die Schlussfolgerungen überlässt. Wir wissen, wie der Richter Bärlach seinen Henker Tschanz überführt hat, auch wenn Dürrenmatt es gar nicht erwähnt. Ich vertrete ja die These, dass noch nie ein gutes Buch deswegen geschrieben wurde, weil sein Autor damit Geld verdienen wollte. "Der Richter und seine Henker" ist die einzige Ausnahme, die diese Regel bestätigt. Dürrenmatt hat die Geschichte in acht Folgen in einer schweizerischen Zeitung veröffentlicht, nicht ahnend, dass dies mal ganz große Weltliteratur werden würde. Dürrenmatt nannte sich selbst einen "Gedankenschlosser" - sein Schreiben ist akribisches Handwerk, spannend noch dazu. Mit den Geschichten um den Kommissar Bärlach hat er die Referenzwerke für gelungene Kriminalromane geschrieben.

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Franz Kafka DER PROZESS

Erschienen 1925

Franz Kafka ist verantwortlich für meine literarische Erweckung. Es war in den Weihnachtsferien zum Ende des ersten Halbjahres in der Oberstufe. Wir hatten eine Liste mit Büchern bekommen, die wir zu lesen hatten. Darunter war von Franz Kafka "Die Verwandlung". Ich kann mich noch genau daran erinnern, dass es ein dunkler, kalter verregneter Nachmittag in meinem Zimmer in der engen verhassten Mietwohnung meiner Eltern war, als ich mir dachte, ich könnte ja schon mal eines der Bücher lesen, die in kommenden Jahren für meine schulische Laufbahn wichtig sein würden. Das habe ich getan. "Die Verwandlung" habe ich in einem Zug durchgelesen und es gab nichts in meinem Leben, wirklich nichts, was meine ganze Persönlichkeit in so wenigen Stunden komplett verändert hat. Ich habe glaube ich zum ersten Mal begriffen, was Kultur, Kunst, Literatur bedeutet.

Literatur ist hier tiefe Reflexion des Innersten. Jeder, der das versteht, wird Kafka lieben - allen anderen wird er sich nie erschliessen. "Die Verwandlung" ist eine der wenigen abgeschlossenen Erzählungen von Kafka. "Der Prozess" ist das bekannteste Romanfragment und die Visitenkarte von Kafka. "Jemand musste Josef K. verleumdet haben ...". Ich nehme "Der Prozess" stellvertretend für alle Texte von Kafka und deklariere sie hiermit als wichtigste deutschsprachige Literatur. Über Kafka gibt es aber noch so viel mehr Spannendes zu berichten. Seine Tagebücher, seine vor Schmacht triefenden Briefe an Felice, an Milena - sein vielen kleinen Geschichten, Blumfeld, Josefine oder das Volk der Mäuse ... Kafka ist eine eigene Kategorie für sich. Ein Mensch, der tagsüber gearbeitet hat, nachts geschrieben, der sich komplett für die Literatur aufgegeben hat. Sein viel zu früher Tod passt natürlich in diese Dramatik. Spannend ist auch der Kampf um den Nachlass, der immer mal wieder einige Überraschungen zutage fördert. Da taucht plötzlich ein lang verschollenes Originalmanuskript wieder auf oder neue Zeichnungen Kafkas in einem Bankschliessfach. Es ist nicht auszuschliessen, dass wir irgendwann noch etwas neues von Kafka lesen werden. Mal abwarten.

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